Predigt zum 22. Sonntag im Jahreskreis

Lesejahr C | von Pfarrer Christoph Scieszka

Evangelium: Lk 14,1.7-14

1 Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau.

7 Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen:

8 Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du,

9 und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen.

10 Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen.

11 Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

12 Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein und dir ist es vergolten.

13 Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein.

14 Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

 

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

hat Sie schon mal jemand sie einen Angeber genannt? Angeber oder Besserwisser? Haben Sie schon mal einen ersten Platz eingenommen, der nicht für Sie vorgesehen war? So eine Situation kann ganz schön peinlich und beschämend sein!

Ein Angeber setzt sich auf den besten Platz, der den Ehrengästen vorbehalten ist. Als nun ein noch vornehmerer Mann eintrifft, muss er den Ehrenplatz räumen und wird in die unteren Ränge verwiesen. „Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden.“

Es handelt sich um eine Erfahrung, die fast alle Menschen zu allen Zeiten machen. In Jesu Geschichte und in dem Spruch von der Selbsterhöhung kommt eine weit verbreitete Lebenserfahrung zum Ausdruck. Auch intelligente Leute treten in dieses Fettnäpfchen und suchen die eigene Ehre, weil sie beliebt sein möchten und bewundert werden wollen. Wie viele träumen von einer steilen Karriere, am besten gleich nach der Ausbildung oder nach dem Studium, ohne viel tun zu müssen.

„Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden.“

Ich nehme an, dass einige von uns auch die Versuchung kennen, sich mit selbst erzählten Heldengeschichten zu erhöhen. Männer berichten gern von Abenteuern, die sie mutig oder listig gemeistert haben, und wollen dafür bewundert werden. Frauen berichten gern davon, wie sie sich selbstlos für andere Menschen eingesetzt und aufgeopfert haben und wollen dafür geliebt werden. Meistens leben solche Geschichten von leichten bis mittelgroßen Übertreibungen. Und wenn das herauskommt, ist es beschämend.

Besonders raffiniert sind diejenigen, die sich mit ihrer Bescheidenheit rühmen. Denn es hat sich ja mittlerweile herumgesprochen, dass Angeber doch nicht so beliebt sind, wie sie es gern sein möchten. Jesu Spruch „Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden“ ist zum bekannten Sprichwort geworden. Also erniedrigt man sich besser – mit der Absicht und Erwartung, dass man dann erhöht wird. Bescheidenheit ist Trumpf und führt zum Erfolg! Also: Sich immer auf den untersten Platz setzen, immer das kleinste Stück Torte nehmen und jedes Lob gekonnt mit der Rückhand abschmettern.

Aber wir spüren: Das hat Jesus nicht gemeint. Geheuchelte Bescheidenheit ist ebenso schlecht wie ungeahnte Angeberei. Wie also sollen wir dann sein? Was lehrt uns der Spruch von der Selbsterhöhung? Ehrlich sollen wir sein, wir selbst sollen wir sein! Wir sollen uns nicht größer machen als wir sind, aber auch nicht kleiner. Und wir sollen uns dabei nicht so wichtig nehmen, sondern lieber unseren Mitmenschen helfen. Es ist gar nicht so wichtig, ob ich geehrt und bewundert werde, ob ich angesehen und beliebt bin. Wichtig ist, dass ich die anderen liebe und dazu beitrage, dass ihre Würde keinen Schaden nimmt. Wenn es mir darum geht, brauche ich weder übertrieben angeberisch noch übertrieben bescheiden zu sein.

Wer aber nicht zu stolz ist, sich vor Gott klein zu machen, wer sich ehrlichen Herzens einen „armen und schwachen Menschen“ nennt, wer erkennt, dass er vor Gott nichts vorzuweisen hat als ein von Fehlern verseuchtes Leben, der darf wissen, dass Gott ihn erhöht.

<< zurück zu Ansverus-News 2022-34